Der Jahresverlauf, den Fanny Hensel im Jahr 1841 komponierend nachempfand, entfaltet sich vor den Ohren als farbiger Reigen von Charakterstücken. Dieses musikalische Tagebuch, inspiriert von einer Italienreise der Komponistin, erscheint in den Händen der armenischen Pianistin Diana Sahakyan als ein lyrischer Stimmungszauber – voller Poesie, pastoraler Romantik und virtuoser Eleganz.
Das Charakterstück war ein zu dieser Zeit beliebtes, oft genutztes Genre: Meist für das Klavier ersonnen, lässt es sich zwar bis in die Affektenlehre des Barock zurückverfolgen, erlangte seine Blüte jedoch in der Romantik. Jenes „Waldesrauschen“, das etwa ein Franz Liszt auf dem Elfenbein entfachte, mag ebenso dafür stehen wie Robert Schumanns „Kinderszenen“ oder die „Lieder ohne Worte“ von Felix Mendelssohn. In genau diese Tradition reihte sich dessen ebenfalls hoch begabte Schwester Fanny ein, als sie 1841 „Das Jahr“ in 13 Charakterstücken musikalisch nachzeichnete; zwölf Monate, denen sich noch ein kurzer Epilog anschließt. Eine erlebnisreiche, glückliche Italienreise – zwei Jahre zuvor mit ihrem Ehemann und dem neunjährigen Sohn Sebastian unternommen – inspirierten sie dazu. Es war gleichsam ein bildungssattes „Sabbatjahr“, angefüllt mit farbigen Impressionen.
„Oh, du schönes Italien! Wie reich bin ich innerlich durch Dich geworden. Welch einen unvergleichlichen Schatz trag‘ ich im Herzen zu Haus! Werde ich so lebhaft behalten, wie ich empfunden?“ Das schwärmerische Zitat der Komponistin spricht für sich: Die Italien-Impressionen, welche Fanny Hensel während dieser Reise sammelte, stehen für eine ihrer glücklichsten Lebensabschnitte – mehr noch: die Erfüllung eines Lebenstraums.